Psychoanalyse: Wenn sich erwachsene Kinder nicht von den Eltern lösen können

Psychoanalyse: Wenn sich erwachsene Kinder nicht von den Eltern lösen können

Für viele Erwachsene ist es schwierig, sich emotional und psychologisch von ihren Eltern zu lösen. Auch im Erwachsenenalter bleiben die Eltern oft eine zentrale Rolle im Leben ihrer Kinder – sei es durch übermäßige Fürsorge, Kontrolle oder das ständige Streben nach Bestätigung.

Die Ursache dieses Verhaltens liegt oft tief in der Kindheit, wo Bindungen, Erwartungen und unbewusste Dynamiken geprägt wurden.

In der Psychoanalyse wird untersucht, wie diese unaufgelösten Beziehungen die emotionale Unabhängigkeit und das Selbstwertgefühl beeinflussen können.

Was tun Eltern, das ihre Kinder daran hindert, unabhängig zu werden?

Eltern spielen eine zentrale Rolle in der Entwicklung ihrer Kinder, und die Art und Weise, wie sie ihre Kinder erziehen, hat weitreichende Auswirkungen auf deren Fähigkeit zur Selbstständigkeit.

Manchmal, auch wenn es gut gemeint ist, können Eltern unbewusst Verhaltensweisen an den Tag legen, die das spätere Wachstum und die Unabhängigkeit ihrer Kinder stark einschränken.

Hier sind einige der häufigsten Verhaltensweisen und Erziehungsansätze, die dazu führen können, dass Kinder Schwierigkeiten haben, als Erwachsene unabhängig zu werden.

Übermäßige Kontrolle und Mikro-Management

Ein häufiges Muster ist übermäßige Kontrolle.

Eltern, die jeden Schritt ihrer Kinder überwachen, ihre Entscheidungen beeinflussen oder sogar für sie treffen, vermitteln den Kindern das Gefühl, dass sie ohne ihre Eltern nicht in der Lage sind, selbstständig zu handeln.

Diese Eltern neigen dazu, ihre Kinder vor jedem Fehler zu bewahren, ohne ihnen den Raum zu lassen, aus eigenen Erfahrungen zu lernen.

Sie haben möglicherweise die besten Absichten, wollen ihre Kinder vor Schaden bewahren, doch in Wirklichkeit nehmen sie ihnen die Möglichkeit, Selbstvertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.

Ein Beispiel dafür ist, wenn Eltern ihrem Kind ständig sagen, was es tun soll – sei es in der Schule, bei der Wahl der Freunde oder bei Freizeitaktivitäten.

Diese Kontrolle überträgt das Gefühl, dass das Kind nicht in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen, und setzt eine Abhängigkeit von den Eltern voraus.

Emotionale Abhängigkeit und mangelnde emotionale Autonomie

Eltern, die ihre Kinder emotional zu stark an sich binden, verhindern die Entwicklung einer gesunden emotionalen Unabhängigkeit.

Wenn Eltern ständig ihre Gefühle und Bedürfnisse auf ihre Kinder projizieren, wird das Kind in der Rolle eines “Emotionalen Pflegers” für die Eltern festgehalten.

Dies kann in Form von übermäßigen Erwartungen oder der erzwungenen Pflicht zur emotionalen Unterstützung der Eltern auftreten.

Wenn beispielsweise ein Elternteil sein Kind ständig mit seinen eigenen Gefühlen belastet und erwartet, dass das Kind tröstet oder für das emotionale Wohl des Elternteils sorgt, wird das Kind in eine Rolle gedrängt, die es von seiner eigenen emotionalen Entwicklung abhält.

Eltern, die sich selbst als Mittelpunkt des Lebens ihres Kindes sehen, ohne den Kindern den Raum zu lassen, ihre eigene Identität und eigene Bedürfnisse zu entwickeln, fördern diese Abhängigkeit.

Das Kind lernt nicht, wie es seine eigenen Emotionen regulieren kann oder wie es gesunde, unabhängige Beziehungen aufbauen kann.

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Fehlende Anerkennung und übermäßige Anforderungen

Ein weiteres Hindernis für die Unabhängigkeit ist die mangelnde Anerkennung der eigenen Leistungen oder eine ständige Betonung auf Perfektion.

Wenn Eltern ihren Kindern nie genug Bestätigung oder Anerkennung geben, sondern immer nach mehr streben oder unrealistische Erwartungen an ihre Kinder stellen, entsteht ein Gefühl der Unzulänglichkeit.

Diese Kinder lernen nicht, sich selbst zu schätzen und ihre eigenen Erfolge zu feiern. Stattdessen sind sie ständig auf der Suche nach der Bestätigung ihrer Eltern, was ihre Fähigkeit, selbstbewusst und unabhängig zu handeln, hemmt.

Ein typisches Beispiel für diese Art der Erziehung ist, wenn ein Kind immer wieder hört, dass es noch mehr tun müsse, um gut genug zu sein.

Egal wie gut das Kind seine Aufgaben erledigt, es wird nie als ausreichend anerkannt und fühlt sich als Versager, wenn es die hohen Erwartungen der Eltern nicht erfüllt. In solchen Fällen bleibt das Kind in einer ständigen Abhängigkeit von der Bestätigung durch die Eltern.

Übermäßige Unterstützung und Entscheidungsmangel

Eltern, die ihre Kinder bei jeder kleinen Herausforderung unterstützen, indem sie immer wieder Lösungen anbieten oder die Verantwortung übernehmen, entmündigen ihre Kinder.

Anstatt den Kindern zu helfen, ihre eigenen Fähigkeiten und Strategien zu entwickeln, werden sie in eine Position der Passivität versetzt, wo sie sich auf ihre Eltern verlassen müssen, um Probleme zu lösen.

Diese Kinder entwickeln ein mangelndes Vertrauen in ihre eigene Urteilsfähigkeit und ihre Fähigkeit, selbstständig zu handeln.

Beispielsweise können Eltern, die ihren Kindern ständig bei den Hausaufgaben helfen, anstatt das Kind selbstständig arbeiten zu lassen, unbewusst die Problemlösungsfähigkeiten des Kindes untergraben.

Wenn das Kind niemals die Verantwortung für seine Entscheidungen übernehmen muss, entwickelt es eine chronische Abhängigkeit von den Eltern, die in der Erwachsenenwelt dazu führt, dass es Schwierigkeiten hat, eigenständig zu handeln.

Schuldgefühle und die Verantwortung für die Eltern

Manchmal entwickeln Kinder auch Schuldgefühle, die sie in eine enge Beziehung zu ihren Eltern drängen. Dies kann passieren, wenn ein Kind das Gefühl hat, dass es für das Wohl seiner Eltern verantwortlich ist.

Vielleicht fühlen sich diese Kinder schuldig, weil ihre Eltern unglücklich oder belastet sind, und glauben, dass sie deren Bedürfnisse erfüllen müssen, um das Familiengleichgewicht aufrechtzuerhalten.

Dieses Gefühl der Verantwortung kann sie dazu bringen, in einer Abhängigkeit zu bleiben, die ihre Fähigkeit zur Unabhängigkeit stark einschränkt.

Dieses Verhalten betrifft sowohl Söhne als auch Töchter gleichermaßen. Eltern neigen oft dazu, unbewusst Kontrolle über das Leben ihrer Kinder auszuüben – nicht nur in der Pubertät, sondern auch im Erwachsenenalter und in deren Partnerschaften.

Diese kontinuierliche Einmischung erschwert es den Kindern, eine eigene Identität zu entwickeln und selbstbestimmt zu leben. Wenn Eltern ständig Ratschläge erteilen, kritisieren oder Entscheidungen für ihre Kinder treffen, wird deren Selbstwertgefühl oft geschwächt.

Sie fühlen sich unsicher und haben Schwierigkeiten, Verantwortung zu übernehmen, aus Angst, den Erwartungen ihrer Eltern nicht gerecht zu werden. Dieser innere Konflikt, der zwischen dem Wunsch nach Unabhängigkeit und dem Drang nach elterlicher Anerkennung schwankt, prägt das Leben vieler Erwachsener.

In vielen Fällen setzt sich diese Kontrolle auch in den Beziehungen fort – sei es in der Ehe, im Beruf oder in der Erziehung der eigenen Kinder. Eltern mischen sich immer wieder in das Leben ihrer Kinder ein, was ihre Fähigkeit zur echten Unabhängigkeit weiter einschränkt.

Zusammenfassung

Die Unfähigkeit, sich von den Eltern zu lösen, kann tief verwurzelte emotionale und psychologische Auswirkungen haben, die das Leben von Erwachsenen in vielen Bereichen beeinträchtigen.

Oft liegt die Ursache in ungelösten Kindheitsdynamiken, durch die die Kinder nicht die notwendige Autonomie entwickeln konnten.

Diese Abhängigkeit führt nicht nur zu einem schwachen Selbstwertgefühl und einem ständigen Bedürfnis nach elterlicher Bestätigung, sondern kann auch die Fähigkeit einschränken, gesunde, selbstbestimmte Beziehungen im Erwachsenenalter zu führen.

Der Weg zur Heilung liegt oft in der Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit und dem Erlernen von Selbstbestimmung sowie emotionaler Unabhängigkeit.