Die wahre Essenz der liebevollen Erziehung – und wie man sie praktiziert
Etwa drei von vier Millennial-Eltern praktizieren laut einer aktuellen Umfrage des Lurie Children’s Hospital eine sanfte Erziehung. Fast 9 von 10 Millennial-Eltern geben zudem an, dass ihr Erziehungsstil sich von dem unterscheidet, wie sie selbst aufgewachsen sind.
Die „sanfte Erziehung“ wird auch als positive Erziehung, warme Erziehung, reaktionsschnelle Erziehung, friedliche Erziehung, bewusste Erziehung oder respektvolle Erziehung bezeichnet.
Sie beschreibt eine Erziehungsphilosophie, bei der Eltern und Betreuungspersonen auf körperliche Gewalt, harte Strafen und Drohungen verzichten, um Kinder zu disziplinieren.
Es geht darum, das Kind als gleichwertigen Menschen zu behandeln und gemeinsam mit ihm nach Lösungen zu suchen. Die Methode basiert auf Liebe und Mitgefühl und setzt daran an, das Kind dort abzuholen, wo es sich entwicklungspsychologisch befindet.
Dieser „sanftere“ oder „wärmere“ Erziehungsansatz wird von den meisten Experten für kindliche Entwicklung empfohlen, weil:
- Er förderlich für die psychische Gesundheit von Kindern und Eltern ist
- Er die Eltern-Kind-Beziehung stärkt
- Er langfristig effektiver im Umgang mit Verhaltensweisen ist
Häufige Missverständnisse über diesen Erziehungsansatz
Es gibt viele Missverständnisse über den Trend zur friedvollen Erziehung. Manche kritisieren, dass dieser mitfühlende Ansatz dazu führt, dass Kinder „zu weich“ werden und ihnen „zu viel durchgeht“.
Hier sind hilfreiche Wege, um viele dieser Vorurteile und Missverständnisse zu korrigieren:
Friedvolle Erziehung ist NICHT: Nachgiebig
Friedvolle Erziehung ist: Disziplin altersgerecht einführen
Friedvolle Erziehung ist NICHT: Respektlosigkeit erlauben
Friedvolle Erziehung ist: Gegenseitigen Respekt fördern
Friedvolle Erziehung ist NICHT: Kindern alles erlauben
Friedvolle Erziehung ist: Kinder dazu befähigen, Probleme selbst zu lösen
Friedvolle Erziehung ist NICHT: Kinder „weich“ machen
Friedvolle Erziehung ist: Kindern beibringen, ihre Emotionen zu regulieren
Friedvolle Erziehung ist NICHT: Keine Konsequenzen setzen
Friedvolle Erziehung ist: Kindern helfen, die Konsequenzen ihres Handelns zu verstehen
Friedvolle Erziehung ist NICHT: Ohne Autorität zu sein
Friedvolle Erziehung ist: Das gewünschte Verhalten vorleben
Wenn du diesen Ansatz ausprobiert hast, wirst du wissen, dass friedvolle oder bewusste Erziehung keineswegs „zu weich“ ist – sie ist tatsächlich äußerst anspruchsvoll!
Warum friedvolle Erziehung ein Privileg ist?
In der Tat ist es so herausfordernd, diesen Erziehungsstil konsequent anzuwenden, dass nicht alle Eltern ihn umsetzen können.
Statt andere dafür zu verurteilen, dass sie in jeder Eltern-Kind-Interaktion warmherzig und empathisch sind, sollten wir uns bewusst machen, welche Faktoren friedvolle Erziehung für manche Eltern schwieriger machen:
- Ungleicher Zugang zu Ressourcen, Bildung und psychischer Gesundheitsversorgung
- Mit Unterstützung durch ein „Dorf“ wird es deutlich leichter
- Überwindung ungesunder kultureller oder familiärer Normen rund um Erholung und Selbstfürsorge
- Friedvolle Erziehung setzt voraus, dass alle Grundbedürfnisse (Essen, Wohnen,
- Gesundheitsversorgung usw.) erfüllt sind
- Unterschiedliche Möglichkeiten, negative Kindheitserfahrungen aufzuarbeiten
- Zeitmangel bei Alleinerziehenden oder Eltern mit langen Arbeitszeiten
- Verschiedene Herausforderungen im Hinblick auf mentale Gesundheit oder Neurodiversität
- Es wird vorausgesetzt, dass Eltern emotionale Regulationsfähigkeiten erlernt haben
- Bei finanziellen Belastungen ist es schwerer, ruhig und geduldig zu bleiben
Wenn Eltern sich gegenseitig unterstützen und Verständnis für die jeweilige Situation anderer zeigen, können wir beginnen, das Gemeinschaftsgefühl — oder „Dorf“ — wieder aufzubauen, das viele Familien so dringend brauchen.
Beispiele für respektvolle Erziehung
Selbst wenn positive Erziehung deine ideale Erziehungsphilosophie ist, kann es schwierig sein, sie in schwierigen Erziehungssituationen anzuwenden, insbesondere bei Verhaltensweisen, die du von deinem Kind nie erwartet hättest.
Wenn dein Kind das nächste Mal etwas tut, das du als „falsch“ oder „schlecht“ empfindest, versuche, die Situation aus ihrer Perspektive zu betrachten, und nutze das, um ein effektiveres Gespräch zu führen.
Hier ist ein Beispiel: Angenommen, dein Kind hat dir gesagt, dass es sein Schulprojekt gestern abgegeben hat, bevor es ein paar Stunden Videospiele gespielt hat. Aber du hast gerade eine E-Mail von der Lehrerin erhalten, dass das Projekt fehlt!
Zuerst solltest du dich beruhigen, bevor du mit deinem Kind sprichst. Wenn du mit „Warum hast du mich angelogen?“ anfängst, bereitest du dich auf einen Streit, einen Wutausbruch oder ein Schweigen vor.
- Beispiel für eine respektvolle Reaktion
Beruhige dich: Atme tief durch, um deine eigenen Emotionen zu regulieren. Denke daran, dass dein Ziel ein konstruktives Gespräch ist.
Beginne das Gespräch ruhig: Anstatt mit Vorwürfen zu starten, könntest du sagen: „Ich habe eine E-Mail von deiner Lehrerin bekommen, in der steht, dass dein Projekt fehlt. Kannst du mir bitte erklären, was passiert ist?“
Gib deinem Kind die Möglichkeit, sich zu erklären: Höre aktiv zu, während dein Kind spricht. Es ist wichtig, dass es sich gehört fühlt, ohne sofort beurteilt zu werden. Du könntest sagen: „Ich verstehe, dass du gesagt hast, du hättest das Projekt abgegeben. Was ist genau passiert?“
Zeige Verständnis: Wenn dein Kind erklärt, was passiert ist, zeige Verständnis für seine Sichtweise. Zum Beispiel: „Das klingt frustrierend. Es ist manchmal leicht, sich im Stress zu verlieren, besonders wenn man Spaß hat.“
Diskutiere die Verantwortung: Erkläre sanft, dass es wichtig ist, die Verantwortung für die eigenen Aufgaben zu übernehmen: „Es ist wichtig, sicherzustellen, dass solche Aufgaben erledigt werden, damit du keine Probleme in der Schule bekommst. Was können wir tun, um das in Zukunft zu vermeiden?“
Biete Lösungen an: Frage dein Kind, ob es Ideen hat, wie es in Zukunft besser mit seinen Aufgaben umgehen kann. Du könntest sagen: „Wie denkst du, können wir sicherstellen, dass du deine Projekte rechtzeitig abgibst? Vielleicht könnten wir eine Erinnerung aufstellen oder einen Plan machen?“
Stärke die Verbindung: Beende das Gespräch mit einer positiven Note, indem du zeigst, dass du für dein Kind da bist: „Ich bin stolz auf dich, dass du mir ehrlich gesagt hast, was passiert ist. Lass uns gemeinsam daran arbeiten, dass es beim nächsten Mal besser klappt.“
Wie man sanfte Erziehung bei dem Verhalten von Kleinkindern anwendet?
Für Kleinkinder, die noch kein logisches Denken und die Konsequenzen ihres Handelns verstehen, bringt die Praxis der sanften oder positiven Erziehung ihre eigenen Herausforderungen mit sich.
Wenn dein Kleinkind etwas tut, das du als „schlecht“ oder „falsch“ empfindest, erinnere dich daran, dass es für sie einfach eine weitere Möglichkeit ist, ihren Platz in der Welt zu finden. Kleinkinder verstehen noch nicht, was richtig und falsch ist. Sie sind ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, sich zu verbinden, zu kommunizieren und zu lernen.
Ja, es ist deine Aufgabe, klare Grenzen zu setzen. Aber du kannst das am effektivsten durch Momente der Verbindung tun — nicht durch Bestrafung, Schreien oder Machtkämpfe.
Nehmen wir als Beispiel, wenn ein Kleinkind dir ins Gesicht schlägt. Das ist sicherlich schockierend, schmerzhaft und besorgniserregend für Eltern und Betreuer.
Aber es ist auch eine Lerngelegenheit für dein Kind. Ein Kleinkind wird dir nicht sagen können, was sie dazu gebracht hat zu schlagen, und wird auch keine Lektion über das Falschsein des Schlagens aufnehmen.
Sie als „schlecht“ zu bezeichnen, wird nur zu ihrem Gefühl von Unsicherheit und Panik beitragen. Was kannst du also tun?
- Beispiel: Reaktion auf das Schlagen
Stell dir vor, dein Kleinkind schlägt dir ins Gesicht, und du bist zunächst überrascht und verletzt. Anstatt wütend zu reagieren, könntest du Folgendes tun:
Beruhige dich: Atme tief durch und versuche, deinen eigenen Stress zu reduzieren. Du möchtest in dieser Situation ruhig bleiben, um deinem Kind zu helfen.
Sprich mit Empathie: Beuge dich zu deinem Kind und sage sanft: „Ich sehe, dass du gerade sehr frustriert bist. Es ist in Ordnung, sich so zu fühlen, aber Schlagen ist nicht der richtige Weg, um das auszudrücken.“
Erkläre die Konsequenzen: Du könntest dann hinzufügen: „Wenn du schlägst, tut das weh. Ich fühle mich traurig, wenn das passiert, und ich möchte, dass wir beide uns wohlfühlen.“
Biete Alternativen an: Sage: „Wenn du wütend bist, kannst du mir auch sagen, wie du dich fühlst, oder wir können zusammen einen Kissen drücken. Lass uns zusammen einen Weg finden, wie du deine Gefühle ausdrücken kannst, ohne zu schlagen.“
Setze Grenzen: Mach klar, dass das Schlagen nicht akzeptabel ist: „Es ist nicht okay, andere zu schlagen. Lass uns eine Pause machen und überlegen, wie wir das nächste Mal besser damit umgehen können.“
Verbindung herstellen: Schließe mit einer Umarmung oder einem gemeinsamen Spiel ab, um deinem Kind zu zeigen, dass du trotz der Situation für es da bist. Du könntest sagen: „Ich liebe dich, und ich bin hier, um dir zu helfen. Lass uns jetzt zusammen etwas Schönes machen.“