Erziehung ohne Erpressung: Wie Macht und Kontrolle das Verhalten von Kindern beeinflussen können
In der täglichen Herausforderung, gute Eltern zu sein, geraten wir oft an unsere Grenzen.
Manchmal sind wir so verzweifelt, dass wir uns nach einfachen Lösungen sehnen – doch die Versuchung, mit Macht und Kontrolle zu erziehen, kann langfristig mehr Schaden als Nutzen bringen. Wie finden wir den richtigen Weg, ohne auf Erpressung zurückzugreifen?
Wenn ein Kind regelmäßig mit Voraussetzung für gutes Benehmen oder Erpressung konfrontiert wird, kann es glauben, dass dies eine normale Art der Kommunikation ist.
Im Erwachsenenalter setzen viele dieses Verhaltensmuster fort – entweder indem sie selbst zu Erpressern werden oder indem sie nicht erkennen, dass es inakzeptabel ist, erpresst zu werden.
Die Gleichsetzung des eigenen Wertes mit Gehorsam
‘Wenn du brav bist, gehen wir in den Park.’
Das Kind versteht:
‘Ich bin nur etwas wert, wenn ich gehorsam bin.’
Einige weitere Beispiele:
„Wenn du ruhig bist, bekommst du meine Aufmerksamkeit.“ Das Kind lernt: „Ich bin nur wichtig, wenn ich mich ruhig verhalte.“
„Du bekommst eine Belohnung, wenn du mich nicht enttäuschst.“ Das Kind versteht: „Ich bin nur wertvoll, wenn ich die Erwartungen erfülle.“
„Wenn du brav isst, wirst du belohnt.“ Das Kind zieht den Schluss: „Mein Wert hängt davon ab, wie gut ich mich anpasse.“
„Wenn du nicht weinst, darfst du länger aufbleiben.“ Das Kind schließt: „Meine Emotionen sind nur akzeptabel, wenn ich sie kontrolliere.“
„Wenn du tust, was ich sage, bekommst du etwas Schönes.“ Das Kind lernt: „Mein Wert wird nur anerkannt, wenn ich gehorche.“
Die Verantwortung für die Gefühle anderer übertragen
„Wenn du deine Spielsachen nicht aufräumst, wird Papa böse.“
Dies ist emotionale Erpressung!
Das Kind denkt:
„Ich bin schuld daran, dass Papa wütend ist.“
Einige weitere Beispiele:
„Wenn du mir nicht hilfst, fühle ich mich allein und traurig.“ Das Kind denkt: „Es ist meine Verantwortung, dass Mama sich gut fühlt.“
„Wenn du nicht aufhörst zu weinen, wirst du uns alle traurig machen.“ Das Kind denkt: „Meine Gefühle sind falsch, und ich muss aufhören zu weinen, damit alle glücklich sind.“
„Schau dir an, wie gut dein Bruder sich benimmt. Warum kannst du nicht auch so sein?“ Das Kind denkt: „Ich bin nicht gut genug, weil ich nicht so bin wie mein Bruder.“
Das Erlernen des Musters, dass man sein eigenes Glück aufgeben muss, damit andere glücklich sind
„Gib deinem Bruder das Spielzeug, damit er nicht weint.“
Das Kind hört:
„Ich bin nicht wichtig.“
Einige weitere Beispiele:
„Du darfst keinen Fernseher gucken, weil dein Bruder deine Aufmerksamkeit braucht.“ Das Kind denkt: „Meine Wünsche sind nicht wichtig.“
„Du hast Mama traurig gemacht.“ Das Kind denkt: „Es ist meine Schuld, dass Mama traurig ist.“
„Wenn du heute das Zimmer aufräumst, bekommst du ein Eis.“ Das Kind denkt: „Ich muss immer etwas leisten, um Anerkennung zu bekommen.“
Verwendung von Schuldgefühlen zur Erziehung
„Ich arbeite den ganzen Tag für dich und du kannst nicht eine einzige Sache für mich tun.“
Das Kind hört:
„Papa wäre besser dran ohne mich.“
Einige weitere Beispiele:
„Ich habe dir alles beigebracht, und du tust mir das an?“ Das Kind hört: „Ich bin nicht gut genug für die Mühe, die du in mich gesteckt hast.“
„Wenn du so weiter machst, werde ich traurig.“ Das Kind hört: „Es ist meine Schuld, dass du traurig bist.“
„Wenn du das nicht machst, wirst du keinen Spaß haben.“ Das Kind hört: „Ich darf nur dann Spaß haben, wenn ich tue, was dir gefällt.“
Der Preis der Erpressung?
Erpressung schafft die Grundlage dafür, dass ein Kind zu einem Erpresser heranwächst oder auch als Erwachsener weiterhin Erpressung unterliegt.
Zusammenfassung
Seien Sie als Eltern achtsam und bewusst in Ihren Worten und Handlungen.
Was Sie Ihren Kindern sagen und wie Sie mit ihnen umgehen, prägt nicht nur ihr Verhalten, sondern auch ihre Denkweise und emotionale Entwicklung.
Wenn Sie Drohungen oder Manipulation verwenden, um sie zu motivieren oder zu kontrollieren, riskieren Sie, ihnen beizubringen, dass solches Verhalten normal ist.
Solche Taktiken können dazu führen, dass Kinder mit falschen Vorstellungen darüber aufwachsen, wie zwischenmenschliche Beziehungen funktionieren.
Letztendlich wird sich dieses Verhalten, wie ein Bumerang, irgendwann wieder gegen Sie richten – vielleicht nicht sofort, aber langfristig.