Wenn kleine Kinder herausfordernd wirken aber in Wahrheit nur überfordert sind
Es gibt diese Tage, an denen wir das Gefühl haben, unser kleines Kind ist „absichtlich schwierig“.
Es hört nicht zu, wirft Dinge, schreit, trotzt – und wir fragen uns: „Was soll das denn jetzt schon wieder?“
Manchmal kommt sogar der Gedanke: „Will es mich provozieren?“
Doch was aussieht wie Trotz, ist oft etwas ganz anderes: Ein kleiner Mensch, der innerlich überfordert ist – von seinen Gefühlen, seiner Umwelt oder von Anforderungen, die einfach (noch) zu viel sind.
Kleine Kinder haben nicht das Vokabular oder die emotionale Reife, um zu sagen:
„Ich bin müde.“
„Das ist mir zu viel.“
„Ich brauche dich.“
Sie zeigen es uns durch ihr Verhalten – so laut, wild oder unangenehm es manchmal auch sein mag.
Wenn wir beginnen, das Verhalten unserer Kinder nicht als „Problem“, sondern als Kommunikation zu sehen, verändert sich etwas Grundlegendes:
Unser Blick wird weicher.
Unsere Reaktion liebevoller.
Und unsere Beziehung – tiefer.
Hier sind einige Gründe, warum kleine Kinder manchmal herausfordernd wirken – es aber in Wahrheit nicht sind:
Sie können ihre Impulse noch nicht kontrollieren
Ein Kind wirft einen Becher auf den Boden, obwohl du gerade gesagt hast: „Bitte nicht werfen.“
Es scheint, als würde es dich ignorieren – aber in Wahrheit fehlt ihm oft noch die Fähigkeit zur Impulskontrolle.
Das kindliche Gehirn ist noch in der Entwicklung. Die Areale für Selbstregulation reifen erst über viele Jahre.
Was hilft: Statt es persönlich zu nehmen, hilft es, sich daran zu erinnern: „Mein Kind will nicht provozieren. Es KANN gerade nicht anders.“ Geduld und liebevolle Begleitung sind jetzt wichtiger als Strafen.
Sie erleben Überreizung
Nach einem langen Tag im Kindergarten, einem lauten Spielplatz oder einem Familienbesuch wirkt dein Kind plötzlich „zappelig“, „bockig“ oder bricht grundlos in Tränen aus.
Das ist kein schlechtes Benehmen – das ist Reizüberflutung.
Was hilft: Plane bewusste Ruhephasen ein. Weniger Termine, weniger „Bespaßung“ – dafür mehr freies Spiel und Kuschelzeit. Ein überreiztes Kind braucht Rückzug, nicht „mehr Programm“.
Körperliche Grundbedürfnisse sind nicht erfüllt
Hungrig, müde, durstig – und schon wird dein Kind zum kleinen Vulkan.
Oft verwechseln wir die Signale: Statt zu erkennen, dass dein Kind schlicht erschöpft ist, interpretieren wir sein Verhalten als „schwierig“.
Was hilft: Beobachte, wann dein Kind oft aus der Haut fährt – kurz vor dem Mittagessen? Nachmittags? Versuche, diese Muster zu erkennen und vorzubeugen – mit Snacks, Pausen und viel Nähe.
Sie haben einen natürlichen Bewegungsdrang
Kinder wollen sich bewegen – ständig!
Springen, rennen, klettern, hüpfen. Wenn wir sie zu lange stillhalten (z. B. im Wartezimmer, im Restaurant oder im Auto), entlädt sich die Energie manchmal auf „nervige“ Weise.
Was hilft: Statt das Kind zu bremsen, biete ihm passende Bewegungsräume. Ein kurzer Spaziergang, eine Tanzpause oder eine Kissenschlacht können Wunder wirken.
Sie wirken trotzig – aber wollen nur Autonomie
„Ich will das alleine machen!“ – und plötzlich gibt’s Drama, weil du die Jacke zugemacht hast.
Kleine Kinder haben ein starkes Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit. Wenn sie etwas nicht dürfen oder nicht können, äußert sich das oft in Frust oder Trotz.
Was hilft: Gib deinem Kind so oft wie möglich das Gefühl, etwas selbst entscheiden zu dürfen. Kleine Wahlmöglichkeiten („Willst du den roten oder den blauen Becher?“) helfen dabei enorm.
Sie brauchen Spiel – auch im Alltag
Dein Kind macht Quatsch, wenn du es anziehen willst. Es rennt weg, lacht oder will, dass du es „fängst“.
Was wie Widerstand aussieht, ist oft ein stilles Angebot: „Spiel mit mir.“
Was hilft: Integriere spielerische Elemente in alltägliche Situationen. Wer sagt, dass Zähneputzen nicht auch mit einem Lied oder einem Zahnmonster-Spiel ablaufen kann?
Sie spiegeln unsere Stimmung
Kinder spüren, wie es uns geht – auch wenn wir nichts sagen.
Wenn du gestresst bist, unter Zeitdruck stehst oder genervt bist, überträgt sich das oft auf dein Kind. Es reagiert mit Unruhe, Anhänglichkeit oder scheinbar grundlosem „Drama“.
Was hilft: Nimm dir einen Moment, um dich selbst zu regulieren. Ein tiefer Atemzug, ein kurzer Perspektivwechsel – und du kannst dein Kind ganz anders begleiten.
Fazit
Kleine Kinder sind nicht „schwierig“. Sie sind Menschen mit großen Gefühlen in kleinen Körpern – oft überfordert, manchmal hilflos, aber immer voller Vertrauen, dass du sie verstehst.
Wenn wir hinter das Verhalten blicken, erkennen wir nicht Trotz – sondern ein Kind, das uns braucht.
Nicht Perfektion – sondern Verbindung hilft am meisten.