8 Dinge, die du zu deinen Kindern sagen kannst, statt Nein zu sagen
Mein Sohn war vier Jahre alt, als seine kleine Schwester geboren wurde. Und von dem Moment an, als er sie kennenlernte, konnte er einfach nicht widerstehen, ihre kleinen Babybäckchen mit seinen Händen zu drücken.
Das tat er dutzende Male am Tag – manchmal ein bisschen zu stürmisch. Dann quietschte sie, und ich kam angerannt und rief nur ein Wort: „Sanft! Sanft!“
Es war nicht das erste Wort, das mir in den Sinn kam. Auch nicht das zweite oder dritte. Diese waren „Nein“, „Hör auf“ und „Geh weg von ihr!“. Aber ich entschied mich für „Sanft“, und ich sagte es so oft, dass es ganz automatisch wurde.
Ich sagte „Sanft“ nicht immer in einem liebevollen oder geduldigen Ton. Aber wenn ich aus meiner Lehrer-Ausbildung eines gelernt hatte, dann das: Sag Kindern, was sie tun sollen – und nicht, was sie nicht tun sollen.
So hören sie viel eher zu, und man spart sich, den ganzen Tag nur „Nein“ durch die Gegend zu rufen – was für alle einfach nur anstrengend ist.
„Niemand möchte ständig ‚Nein‘ hören. Es kann hart und strafend wirken und zu einer Distanz in der Beziehung führen“, erklärte Jazmine McCoy.
„Die Art, wie wir auf unsere Kinder reagieren, formt ihr Gehirn und ihre Fähigkeiten, mit Herausforderungen umzugehen. Unsere Worte werden zu ihrer inneren Stimme.
Deshalb ist es entscheidend, wie wir mit ihnen sprechen und interagieren. Wenn wir einfühlsame Problemlöser*innen großziehen wollen, beginnt das bei uns als Eltern oder Bezugspersonen“, erklärten die beiden gegenüber der HuffPost per E-Mail.
Ich bin mir nicht sicher, ob sich mein Sohn noch daran erinnert, dass ich ihm damals gefühlt tausendmal am Tag gesagt habe, er solle sanft sein.
Aber inzwischen ist er ein Teenager, der andere weder kneift noch verletzt. Und auch seine Schwester hat diese ersten Jahre ohne bleibende Blessuren überstanden.
Hier sind ein paar Möglichkeiten, wie du die Anzahl der täglichen „Neins“ reduzieren kannst – sowie weitere Tipps, wie du mit positiver Sprache das Verhalten von Kindern lenken kannst.
Mach deinem Kind klar, welches Verhalten du dir wünschst
Unsere automatische Reaktion, wenn unser Kind etwas Unerwünschtes tut, ist oft: „Hör auf damit!“ – und natürlich gibt es Situationen, in denen ein klares „Nein!“ absolut notwendig ist.
Aber häufig kann das für Kinder verwirrend sein, weil sie gar nicht genau verstehen, was sie stattdessen tun sollen.
Im Fall meines Sohnes, der ständig die Wangen seiner kleinen Schwester kniff, wollte ich ihm nicht komplett verbieten, sie zu berühren – aber ich brauchte, dass diese Berührungen sanfter wurden.
„Wenn wir klare Anweisungen geben, fördert das die Kooperationsbereitschaft der Kinder“, erklärt McCoy.
Bevor du also impulsiv reagierst, lohnt es sich, kurz innezuhalten und dir zu überlegen, welches Verhalten du dir konkret von deinem Kind wünschst.
Wenn möglich, ist es auch hilfreich, Optionen anzubieten. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass dein Kind auf eine der Alternativen eingeht.
McCoy empfiehlt, sich selbst zu fragen: „Was genau soll mein Kind jetzt anders machen, und wie kann ich das in möglichst klaren Worten formulieren?“
Wenn dein Kind zum Beispiel wild herumrennt und laut ist, könntest du feststellen, dass du möchtest, dass es sich beruhigt, spaziert oder woanders spielt.
In so einem Fall schlägt McCoy vor, zu sagen:
„Ich brauche jetzt mehr Ruhe. Spiel das Spiel in deinem Zimmer oder draußen. Du darfst entscheiden.“
Natürlich gibt es auch Situationen, in denen keine Wahlmöglichkeiten sinnvoll sind – zum Beispiel im Museum oder in der Bibliothek. Da würdest du einfach sagen:
„Nutze bitte deine Füße zum Gehen.“
Solche Formulierungen wirken anfangs vielleicht ungewohnt oder sogar etwas albern, aber mit der Zeit gewöhnst du dich daran – und es kann eine echte Erleichterung sein, nicht ständig „Nicht rennen!“ rufen zu müssen.
Klar ist auch: Rückschläge gehören dazu. Kinder ändern ihr Verhalten nicht immer sofort, nur weil wir es freundlich formulieren.
Gallant und Margolin geben zu, dass auch sie manchmal denken: „Ach, das bringt doch eh nichts, ich lass es gleich bleiben.“
Und dann – fast wie durch Zauberhand – klappt es doch, und das Kind beruhigt sich oder hört auf, Sand zu werfen.
Hier sind einige hilfreiche Formulierungen von McCoy, Gallant und Margolin, die dir dabei helfen können, typische Verhaltensweisen von Kindern positiv umzulenken:
- „Bitte kaue mit geschlossenem Mund.“
- „Bitte geh vorsichtig mit den Spielsachen um.“
- „Stühle sind zum Sitzen da. Bitte setz dich hin und bring deinen Po auf den Stuhl.“
- „Sand ist nicht zum Werfen da, Sand gehört in den Eimer. Schau mal, so geht’s.“
- „Essen ist nicht zum Werfen da. Essen bleibt entweder auf dem Teller oder wird gegessen.“
- „Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du isst dein Essen oder du stehst vom Tisch auf“, statt „Spiel nicht mit dem Essen!“
- „Du kannst entweder meine Hand halten oder in den Einkaufswagen steigen“, statt „Lauf nicht einfach weg!“
- „Wir schauen nach dem Abendessen Tablet. Bitte leg das Tablet wieder auf den Tisch oder ich helfe dir dabei.“
Biete begrenzte Auswahlmöglichkeiten an
Manche Eltern machen sich Sorgen, dass ihre Kinder extreme Wünsche äußern könnten, wenn sie ihnen erlauben, Entscheidungen zu treffen – zum Beispiel:
„Wenn wir kein Eis kaufen können, dann will ich ein Pony.“
Hier helfen begrenzte Auswahlmöglichkeiten. Wenn es mehrere Alternativen gibt, kannst du sie ruhig anbieten, aber zwei Optionen reichen meist völlig aus. Vermeide offene Fragen – die eignen sich zwar für tiefere Gespräche, sind aber im Alltag oft unpraktisch.
Statt „Was möchtest du als Snack?“ (worauf die Antwort auch „Hotdogs und Cupcakes“ lauten könnte), frage lieber:
„Möchtest du Apfelschnitze oder Brezeln als Snack?“
So gibst du deinem Kind die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was sich gut anfühlt, aber ohne ihm so viel Macht zu geben, dass es überfordert ist.
Bestätige ihre Wünsche und Gefühle und biete Alternativen an
Oft wünschen sich Kinder Dinge, die sie in diesem Moment nicht haben können.
Es kann anstrengend sein, solche Bitten ständig abzulehnen. Doch du kannst die Enttäuschung abmildern, indem du zeigst, dass du ihren Wunsch wahrnimmst, und – wenn möglich – eine passende Alternative anbietest.
„Es geht darum, den Wunsch des Kindes zu bestätigen, zu erklären, warum es gerade nicht geht (falls nötig), gemeinsam einen Plan zu machen, wann es möglich ist, und dieses Versprechen dann auch einzuhalten“, erklärt McCoy.
Zum Beispiel:
„Der Keks sieht wirklich lecker aus! Lass uns den nach dem Abendessen essen.“
Oder:
„Ich weiß, du möchtest jetzt gern in den Park gehen, und ich wünschte auch, wir könnten sofort los! Ich verstehe dich total. Lass uns planen, morgen nach dem Frühstück zu gehen. Worauf freust du dich im Park am meisten?“
Hier führst du das Kind in ein längeres Gespräch über seinen Wunsch, was ihm hilft, sich verstanden zu fühlen – auch wenn du den Wunsch gerade nicht erfüllen kannst.
Diese Antwort ist ein gutes Beispiel für die Methode von Gallant und Margolin:
- Das Gefühl anerkennen.
- Die Grenze setzen.
- Eine Wahl anbieten.
Ein weiteres Beispiel:
„Ich sehe, dass du traurig bist, weil die iPad-Zeit vorbei ist. Jetzt geht’s nach draußen zum Spielen. Möchtest du lieber in den Sandkasten oder auf die Schaukel?“
Natürlich reagieren Kinder nicht immer gelassen – selbst wenn du die Sprache positiv hältst. „Es ist völlig normal, dass Kinder ihre Enttäuschung mit Wutanfällen, Fragen und Protest ausdrücken. Es ist okay, wenn sie mit deiner Grenze unzufrieden sind – und du darfst diese trotzdem halten“, so McCoy.
Du kannst das Gefühl deines Kindes anerkennen, ohne dabei die Grenze aufzuweichen. „Du kannst gleichzeitig die Grenze setzen und dein Kind durch seine Enttäuschung begleiten“, erklären Gallant und Margolin.
Bleib möglichst ruhig und sachlich – auch wenn dein Kind völlig ausrastet. Hier ein paar Beispielsätze von Gallant und Margolin:
„Du möchtest Sand werfen, aber das lasse ich nicht zu. Wir sind heute mit dem Sandkasten fertig, damit deine Augen sicher bleiben. Morgen probieren wir es nochmal.“
„Essen ist nicht zum Werfen da. Essen gehört in den Mund oder bleibt auf dem Teller. Du hast heute Schwierigkeiten, das Essen auf dem Teller zu lassen, deshalb sind wir jetzt mit dem Essen fertig. Zum Snack gibt’s später wieder etwas.“
Formuliere deine Antwort als „Ja-Nein-Sandwich“
Diese Methode empfehlen Gallant und Margolin, wenn du die Bitte deines Kindes ablehnen musst. „Das Ja-Nein-Sandwich hilft dir, Machtkämpfe zu vermeiden“, erklären die beiden.
„Anstatt einfach nur ‚Nein‘ zu sagen, verpackst du das ‚Nein‘ zwischen zwei positiven Aussagen.“ Zum Beispiel:
„Du möchtest in den Park gehen. Das klingt nach einer tollen Idee! Heute müssen wir aber zur Schule. Lass uns morgen in den Park gehen und dort auf der Schaukel spielen!“
Verwende klare Aufforderungen statt Fragen
Viele von uns sind es gewohnt, Bitten als Frage zu formulieren, um höflich zu klingen, zum Beispiel: „Würdest du mir bitte das Dressing reichen?“
Besonders Frauen wird oft beigebracht, ihre Wünsche zurückhaltend und vorsichtig zu äußern. Doch solche Formulierungen können Kinder verwirren. Wenn du sagst: „Würdest du bitte aufhören, deinen Bruder zu schlagen?“, ist nicht klar, ob du wirklich eine Grenze setzt oder nur eine Bitte äußerst.
Direkter und klarer ist es, wenn du zu deinem Kind gehst, vielleicht sogar die Hand des Kindes sanft hältst und ruhig sagst: „Sanfte Hände.“
Deine ruhige und bestimmte Haltung vermittelt viel deutlicher, dass du es ernst meinst – ganz ohne zu schreien.
Geh nah ran und auf Augenhöhe
Es ist erstaunlich, wie viel wirkungsvoller ein Flüstern ins Ohr sein kann als lautes Rufen quer durch den Raum.
Als Faustregel gilt: Je aufgeregter und lauter dein Kind ist, desto ruhiger und gelassener solltest du selbst sein, um ihm zu helfen, sich wieder zu regulieren.
McCoy sagt, dass gerade bei aggressivem Verhalten wie Schlagen unsere Körpersprache oft mehr aussagt als unsere Worte.
Wenn deine Kinder sich streiten („und nicht gerade sicher, freiwillig und spielerisch kämpfen“, solltest du den Fokus auf Sicherheit legen. „Geh nah ran, trenne die Kinder und stelle Blickkontakt her“, erklärt McCoy.
Sie ergänzt: „Es ist wichtig, in solchen Momenten nah bei den Kindern zu sein, damit du sie durch die Situation begleiten kannst – vor allem, wenn starke Gefühle im Spiel sind.“
Wenn du dich hinkniest und ihnen auf Augenhöhe begegnest, zeigst du ihnen nicht nur, dass du es ernst meinst, sondern auch, dass du verstehen möchtest, was sie fühlen.
Spare dir dein großes „Nein“ für ernste Situationen
Wenn dein Kind zum Beispiel gerade dabei ist, auf die Straße zu rennen, ist ein lautes „Nein! Stopp!“ natürlich absolut angebracht.
„In wirklich gefährlichen Situationen musst du sofort reagieren und klare Sicherheitsgrenzen setzen. Und dieses ‚Nein/Stopp‘ wirkt umso kraftvoller, wenn wir es nicht im Alltag ständig benutzen“, erklären Gallant und Margolin.
Tatsächlich gehört es zu unserer Aufgabe als Eltern, oft Nein zu sagen
„Der entscheidende Punkt ist jedoch, WIE wir Nein sagen“, betonen Gallant und Margolin.
Eine Wahlmöglichkeit zu geben oder das Ja-Nein-Sandwich zu nutzen, sind großartige Methoden, um Nein so zu verpacken, dass Wutausbrüche vermieden oder zumindest abgeschwächt werden können.
„Auch wenn es manchmal so wirkt, als wollte dein Kind alle Entscheidungen treffen“, erklären sie, „gibt ihm letztlich das Gefühl von Sicherheit vor allem klare und beständige Grenzen.“
Diese kannst du mit weniger Negativität und Frust durchsetzen, wenn du sparsam mit dem Wort „Nein“ umgehst und stattdessen so oft wie möglich positive Formulierungen verwendest.